Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung besucht das Klinikum

Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung spricht am Klinikum Augsburg und setzt auf ein Bündel an Maßnahmen, um den Pflegeberuf wieder attraktiv zu machen

 

Andreas Westerfellhaus hat die Seiten gewechselt. Als Präsident des Deutschen Pflegerates habe er in der Oppositionsrolle „ganz klar die Interessen der Berufsgruppe Pflege vertreten“. Bis er im April diesen Jahres zum Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung ernannt wurde. „Regierungsarbeit ist etwas völlig anderes und häufig ein Spagat, bei dem unterschiedliche Interessen berücksichtigt werden müssen“, sagte er nun vor zirka 150 Mitarbeitern der Pflege im Klinikum Augsburg.

Eingeladen zur Mitarbeiterteilversammlung hatte Pflege-Vorständin Susanne Arnold, moderiert wurde die Veranstaltung von Akademieleiter Bruno G. Wirnitzer. Auch Landrat Martin Sailer, Verbandsvorsitzender des Krankenhauszweckverbandes, beteiligte sich an der Diskussion. Arnold ging in ihrer Begrüßung auf die Ergebnisse der Betrieblichen Kommission am Klinikum Augsburg ein, die mit den verschiedenen Arbeitsgruppen bereits wesentliche Verbesserungen für Pflegende angestoßen und umgesetzt hat:

  • Dienstanweisung Ausfallmanagement: Sie stellt sicher, dass die Patientenversorgung bei kurz- und langfristigen Personalausfällen gewährleistet ist und die Belastungssituation der Mitarbeiter berücksichtigt wird bis hin zu temporären Bettenschließungen.
  • Zentrales Belegungsmanagement: Es sorgt bis in die späten Abendstunden für eine bessere Verteilung der Patienten auf den Normalstationen, um Belegungsspitzen zu vermeiden.
  • Strukturgespräche: Zwischen der Vorständin Pflege und den Stationsleitungen werden Indikatoren wie Belastung, Altersstruktur, Ausfälle erfasst und ausgewertet, um optimale Personalbesetzungen für die Stationen zu identifizieren.
  • Freigestellte Praxisanleiter: Die Stellen sind ausgeschrieben und werden demnächst besetzt, um Auszubildende der Pflege noch individueller betreuen zu können.
  • Servicekräfte: Sie wurden eingestellt, um die Pflegekräfte bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten zu entlasten.
  • Task Force Pflege!: Mit einem Sonderbudget in Höhe von einer Million Euro, beschlossen vonder Verwaltungsratsspitze im November 2017,

werden zusätzliche Maßnahmen umgesetzt, die die Situation für Pflegende am Klinikum Augsburg weiter verbessert. Westerfellhaus würdigte die Bemühungen des Klinikums als einen „sehr guten Anfang“, der auch bundesweit an vielen Häusern zu spüren sei und Eingang in die öffentliche Diskussion gefunden habe.

„Die Situation der Pflege und die sich daraus ergebenden Erfordernisse sind im Bewusstsein der Gesellschaft angekommen. Das war viele Jahre nicht so“, erklärte er. Bei der teilweise leidenschaftlich geführten Diskussion um den Pflegenotstand müssten jedoch alle Berufsgruppen einbezogen werden. „Der Fachkräftemangel hört nicht bei der Pflege auf“, so Westerfellhaus weiter. Einen wichtigen Platz bei der Entlastung könne die Digitalisierung einnehmen. „Aber auch hier muss sich die Pflege einmischen“, betonte Westerfellhaus, „denn bei elektronischer Patientenakte, digitaler Patientenkurve und zahlreichen anderen Themen ist der Praxis-Anwender gefragt.“ Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung versprach, sich für eine Nachbesserung beim sogenannten EHealth-Gesetz stark zu machen. Bislang hätten unverständlicherweise Pflegekräfte beispielsweise kein Schreib- und Leserecht bei der sektorenübergreifenden elektronischen Patientenakte.

Die dringend notwendige Erweiterung der Kompetenzen im Pflegeberuf betonte auch Susanne Arnold beim Thema Pflegestudium. Der Beruf als solches würde eine Aufwertung erfahren, wenn Pflegende wie in den USA beispielsweise eigenverantwortlich in die Wundversorgung oder Heilmittelverordnung einbezogen würden. Die Strukturen dafür müsse im ersten Schritt der Gesetzgeber schaffen. Nicht nur die anwesenden Studierenden des dualen Pflege-Studiengangs zeigten hier Ihre Zustimmung mit kräftigem Applaus.

Bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für die Angehörigen der Gesundheitsberufe, häufig entscheidend bei der Wahl des Arbeitsortes, seien viele Akteure und die Politik gefragt. „Das kann auch ein großes Krankenhaus meist nicht allein lösen“, sagte Westerfellhaus. „Es darf nicht sein, dass mir eine Altenpflegerin in München erzählt, sie könne es sich nur leisten Altenpflegerin zu sein, weil ihr Mann entsprechend gut verdiene.“ Landrat Martin Sailer erklärte, dass die Wohnbaugruppe Augsburg und die Wohnungsbau GmbH für den Landkreis Augsburg bereits an einem Konzept arbeiteten, um bezahlbaren Wohnraum im Bereich des künftigen Universitätsklinikums zur Verfügung stellen zu können. Die teilweise kontrovers diskutierten Vorgaben für Personaluntergrenzen in bestimmten Pflegebereichen sieht Westerfellhaus lediglich als einen ersten Schritt in die richtige Richtung.

Die anschließend von Wirnitzer gestellte Frage, ob denn nicht auch in Bayern eine Pflegekammer zur Vertretung der Rechte der Pflegenden notwendig sei, beantwortete Staatsekretär Westerfellhaus mit einem eindeutigen „ohne jeden Zweifel, denn Pflege wird es niemals zum Nulltarif geben und Pflegende brauchen hier einen starken Fürsprecher!“